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60 Jahre Antibabypille: Licht und Schatten

22. September 2020 - Dr. Uwe Schwichtenberg

Vor 60 Jahren wurde die sogenannte Antibabypille eingeführt. Das Anwendungsspektrum der Hormonpräparate ist weit gesteckt. Es umfasst neben der Verhütung einer Schwangerschaft die Behandlung häufiger Störungen des weiblichen Hormonhaushalts – von Blutungsstörungen über Endometriose bis Akne. Die 5. Deutsche Hormonwoche der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) vom 12. bis 19. September 2020 nahm das Jubiläum zum Anlass, über Nutzen und Risiken der „Pille“ und ihrer Einsatzmöglichkeiten zu informieren. Denn die hormonelle Verhütung greift tief in den Stoffwechsel ein.

Seit ihrer Markteinführung im Jahr 1960 in den USA nehmen weltweit täglich über 100 Millionen Frauen die „Pille“. Das sind etwa neun Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter. Unter der „Pille“ versteht man im Allgemeinen ein Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparat (kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK)). Wenn es, wie heute meist üblich, niedrig dosiert ist, wird es als Mikropille bezeichnet. Daneben gibt es reine Gestagen-Produkte, die sogenannten Minipillen oder Gestagenpillen. 

In Deutschland ist die „Pille“ das nach wie vor am häufigsten verwendete Verhütungsmittel. Doch aktuelle Auswertungen der gesetzlichen Krankenversicherungen AOK und Techniker Krankenkasse zeigen, dass besonders unter den jungen Frauen die Anwender-Zahlen zurück gehen. So ist der Anteil der Pillen-Verordnungen bei den bei der AOK versicherten Mädchen und Frauen im Alter bis zu 20 beziehungsweise 22 Jahren von 46 Prozent im Jahr 2010 auf 31 Prozent im Jahr 2019 gesunken. Seit Mitte 2019 übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für die „Pille“ bis zum Alter von 22 Jahren. „Immer mehr lehnen heute diesen Eingriff in die natürlichen Vorgänge ihres Körpers ab“, sagt Professor Seifert-Klauss. „Hinzu kommen verunsichernde Berichte, etwa über Thrombosen oder Depressionen im Zusammenhang mit der Anwendung.“

„Bezüglich eines erhöhten Thromboserisikos ist richtig, dass der synthetische Östrogen-Anteil in KOK generell dieses Risiko im Vergleich zu jungen Frauen, die nicht hormonell verhüten, erhöht“, so Professor Seifert-Klauss. Es gebe zudem Hinweise, dass die modernen KOK-Präparate der 3. und 4. Generation – insbesondere jene mit dem künstlichen Gestagen Drospirenon – sowie die Langzeit-Einnahme von KOK die Thrombosegefahr möglicherweise weiter erhöhen. „Dennoch bewegt sich das Risiko eines Gefäßverschlusses durch die Pille auf einem generell niedrigen Niveau.“ Bei Schwangeren oder erst recht bei Frauen unmittelbar nach der Geburt eines Kindes sei die Wahrscheinlichkeit der Bildung eines Blutgerinnsels, das die Gefäße verstopfe, um ein Vielfaches höher, so die Ärztin.

Doch um über Nutzen und Risiken der „Pille“ aufzuklären und zu möglichen individuellen Nebenwirkungen und den Umgang mit ihnen zu beraten, brauche es Zeit für die Anamnese und ärztliche Kompetenz. „Die sprechende Heilkunde bleibt zugunsten der operativen Medizin auf der Strecke“, kritisiert Professor Seifert-Klauss. „Da ist es dann kein Wunder, dass Patientinnen sich von hormoneller Verhütung abwenden“, findet die Fachärztin für Gynäkologische Endokrinologie. 

Dabei habe die Pille – eine korrekte Einnahme und gesundheitliche Eignung der Patientinnen vorausgesetzt – viele Vorteile: Sie verhüte sicher vor einer ungewollten Schwangerschaft und sei komfortabel in der Anwendung. Weniger im Fokus der Öffentlichkeit, aber nicht minder wichtig seien auch die zahlreichen therapeutischen Wirkungen von hormoneller Verhütung. „Viele hormonell verursachten weiblichen Beschwerden werden bei der Einnahme ganz „nebenbei“ behandelt“, erläutert Professor Seifert-Klauss und zählt Beispiele auf: etwa eine Blutarmut durch zu starke Monatsblutungen, eine unregelmäßige Periode, Zystenbildung der Eierstöcke, Endometriose, Hautunreinheiten und vieles mehr könnten gelindert oder sogar behoben werden. „Manche Patientinnen nehmen die „Pille“ sogar weniger zur Verhütung als aus medizinischen Gründen.“ Am Ende des Tages, so die DGE-Expertin, komme es darauf an, für jede Patientin den Nutzen der Pille gegen die Risiken abzuwägen. 

Professor Dr. med. Matthias M. Weber, Mediensprecher der DGE und Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen der Universitätsmedizin Mainz, fasst zusammen: „Die hormonellen Regelkreise sind sehr komplex. Daher müssen Anwendungen wie die „Pille“ unbedingt von gynäkologisch-endokrinologisch versierten Expertinnen und Experten begleitet werden."

Quelle: Pressemeldung Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

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