Wenn Blutzellen miteinander verkleben, können sich gefährliche Thrombosen bilden. Eine entscheidende Rolle spielen dabei aktivierte Blutplättchen, die Thrombozyten. Schon seit längerem vermuten Forscher, dass die roten Blutzellen bei der Entstehung von Blutklümpchen nicht zufällig im Thrombus haften bleiben. Ihnen wird hingegen selbst eine aktive Rolle zugeschrieben, wenn Blut auf krankhafte Weise verklumpt. Erstmals konnten Wissenschaftler der Universität des Saarlandes jetzt im Laborversuch zeigen, dass rote Blutzellen unter bestimmten Bedingungen so starke Anziehungskräfte entwickeln, dass sie aneinander haften und somit vermutlich Thrombosen verursachen können. Die Forschungsergebnisse haben sie in der renommierten Fachzeitschrift „Cell Calcium“ veröffentlicht.
Die Blutgerinnung schützt den Körper vor dem Verbluten. Nach einer Verletzung verklumpt das Blut und schließt die Wunde. Wenn sich hingegen Thromben im Blutkreislauf bilden, so handelt es sich dabei um einen unerwünschten Effekt. Bisher hatte man bei der Therapie solcher Erkrankungen vor allem die Blutplättchen, also die Thrombozyten, im Blick. Man ging davon aus, dass diese sich aneinanderlagern und dann auch die roten Blutzellen, die Erythrozyten, am Durchfluss hindern. Um Blutklumpen zu vermeiden, setzt man heute vor allem auf Medikamente, die das Blut wieder verflüssigen. „Die neuen Erkenntnisse über die genauen zellulären Abläufe vermitteln nun ein etwas anderes Bild. Wir glauben, dass wir mit unserer Forschungsarbeit die Grundlagen für neue Therapieansätze geschaffen haben“, erläutert Ingolf Bernhardt, Professor für Biophysik der Universität des Saarlandes. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Christian Wagner, Professor für Experimentalphysik der Saar-Uni, und Dr. Lars Kästner von der Medizinischen Fakultät haben die saarländischen Forscher die roten Blutzellen genauer untersucht.
In Experimenten haben die Wissenschaftler gezeigt, dass rote Blutzellen offensichtlich einen Kanal besitzen, der durch Substanzen, die von den Blutplättchen ausgeschüttet werden, aktiviert wird. Durch diesen Kanal kann Kalzium in die Zelle eindringen, was dort zu einer erhöhten Konzentration führt. „Wenn sich die Kalziumkonzentration in Zellen verändert, so kann dies ganz verschiedene Prozesse auslösen. Bei den roten Blutzellen werden zum Beispiel Proteine aktiviert, welche die Lipidverteilung zwischen innerer und äußerer Schicht der Zellmembran verändert. Dies kann die Kräfteverhältnisse so verschieben, dass die Blutzellen aneinander haften und verklumpen“, erklärt Biophysiker Bernhardt. Im Laborversuch nutzen die Forscher ein spezielles Kraftspektroskop. Dieses kann sogar die äußerst winzigen Kräfte messen, die entstehen, wenn man zwei einzelne rote Blutzellen, die man zuerst in Kontakt miteinander gebracht hat, auseinander zieht. Der ermittelte Wert war in Anwesenheit der von Blutplättchen ausgeschütteten Substanzen mit 100 Piconewton (pN) recht hoch und belegt, dass die Anziehungskräfte zwischen den roten Blutzellen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Thrombosen spielen können.
Quelle: Pressestelle Universität des Saarlandes
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